Während der Pandemie war jeder in irgendeiner Weise von Störungen der Lieferkette betroffen: leere Supermarkt-Regale für Toilettenpapier, Knappheit bei FFP2-Masken und medizinischer Ausrüstung, Engpässe bei Bauholz bis hin zu Problemen, einen Hundewelpen zu kaufen. Die COVID-19-Pandemie deckte die Schwachstellen der globalen Lieferketten von heute auf. Verbindet man diese Schwachstellen mit dem Amazon-Effekt, den geopolitischen Herausforderungen und dem Trend zum Reshoring und Nearshoring, sind sich Verantwortliche der Gefahr von Störungen in der Lieferkette mehr denn je bewusst.

Darüber hinaus sinkt die Kundentreue und steigt der Druck, qualitativ hochwertige Produkte, Services und Kundenerlebnisse zu wettbewerbsfähigen Preisen zu liefern. Aufgrund dieser Umstände ist es überaus wichtig, dass Logistikteams in Echtzeit wissen, was in ihrer Lieferkette passiert, warum es passiert und wie es schnell behoben werden kann – bevor sich kleine Unterbrechungen zu großen und teuren Problemen auswachsen.

Supply-Chain-Kontrolltürme bieten die Transparenz, die für Unternehmen unerlässlich ist, um diese Komplexität zu bewältigen.

Jetzt, da wir das COVID-19-Chaos langsam hinter uns lassen, brauchen wir mehr denn je eine durchgängig transparente Lieferkette, um komplexe, moderne Netzwerke zu verwalten.

Was ist ein Supply-Chain-Kontrollturm?

Ein Supply-Chain-Kontrollturm ist eine cloudbasierte Lösung, die moderne Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning und das Internet der Dinge (IoT) nutzt, um Lieferketten proaktiv zu verwalten.

Supply-Chain-Kontrolltürme bieten in Echtzeit durchgängige Transparenz über das gesamte Netzwerk eines Unternehmens, einschließlich Lieferanten, Hersteller und Geschäftspartner. Mit ihnen können Unternehmen verwalten, was sie nicht sehen können, sich für alle möglichen Abweichungen wappnen sowie Störungen und Risiken mindern, bevor sie zu Problemen werden. In einer Welt, in der sich auf Basis historischer Daten der aktuelle und zukünftige Bedarf nicht mehr genau vorhersagen lässt und Störungen auftreten, die von Extremwetter über Handelskriege bis hin zu Tankschiffen reichen, die den Suezkanal blockieren, ist diese Transparenz und ein sofortiger Zugriff auf aktuelle Informationen für eine agile und krisenfeste Lieferkette von entscheidender Bedeutung.

Daten sind das Lebenselixier der Kontrolltürme. Diese Systeme erfassen große Mengen aktuellster Daten aus der gesamten Lieferkette, um in Echtzeit eine barrierefreie Rundumsicht auf die Vorgänge in allen Teilen Ihrer Lieferkette zu liefern. Diese Daten werden für Folgendes verwendet:

• Was-wäre-wenn-Analysen und Vergleich von Szenarios
• Simulationen für Bedarfs- oder Bestandsänderungen
• Erkennung und schnelle Behebung von Problemen mit Kundenwarnungen
• Zusammenarbeit mit Partnern in der gesamten Lieferkette
• Automatisierte Kennzeichnung und Behandlung von Ausnahmen

Durch die Weiterentwicklung der Supply-Chain-Kontrolltürme wurden Funktionssilos aufgelöst, damit Unternehmen sich mit ihrem gesamten Liefernetzwerk verbinden können. Dies ermöglicht mehr Transparenz, Zusammenarbeit und Optimierung der Lieferkette.

Kontrolltürme – gestern und heute

Supply-Chain-Kontrolltürme sind nichts Neues, aber in den ersten Iterationen wurden sie isoliert und linear ausgeführt und boten nur Einblicke in einen bestimmten Bereich von Vorgängen wie Transport, Logistik oder Lagerhaltung. In der Regel handelte es sich um On-Premise-Softwarelösungen mit eingeschränkten Funktionen.

Folgende Arten von Kontrolltürmen gibt es:

• Logistikkontrolltürme
• Operative Kontrolltürme
• Transportkontrolltürme
• Analytische Kontrolltürme
• Bestandskontrolltürme

Analytische Kontrolltürme boten zwar Analysen, aber keine verbindlichen Anweisungen, wie beispielsweise Probleme zu lösen sind. Und Transportkontrolltürme verfolgten lediglich transportbezogene Daten und nicht mehr. Die meisten dieser Kontrolltürme boten nur unmittelbaren Handelspartnern Transparenz. Doch mit zunehmender Geschwindigkeit und Komplexität der Lieferketten wurde es schwieriger, Probleme über isolierte Altsysteme und Kontrolltürme hinweg zu organisieren und zu lösen.

Der Siegeszug der Cloud mit ihrer Rechenleistung und der Fähigkeit, große Datenmengen zu erfassen und zu analysieren – kombiniert mit künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, IoT und vorausschauenden sowie präskriptiven Lieferkettenanalysen –, hat all dies geändert. Die heutigen Supply-Chain-Kontrolltürme bieten durchgängige Transparenz und umfassende Kontexterkennung für alle Vorgänge in der Lieferkette.

Da sie zunehmend die gesamte Lieferkette abdecken, sind Kontrolltürme sehr gefragt. Laut Grand View Research hatte der globale Markt für Kontrolltürme im Jahr 2018 einen Wert von 2,58 Mrd. US-Dollar und soll bis zum Jahr 2027 auf 17,24 Mrd. US-Dollar anwachsen.

Vorteile eines Supply-Chain-Kontrollturms

Durchgängige Transparenz, Entscheidungsunterstützung und schnelle Kurskorrekturen machen die Lieferkette eines Unternehmens mit Supply-Chain-Kontrollturm widerstandsfähiger. Und eine resiliente Lieferkette kann die Folgen von Unterbrechungen vermeiden bzw. sich nach Störungen schnell wieder erholen. Die wesentlichen Vorteile eines Supply-Chain-Kontrollturms sind:

• Durchgängige Transparenz in der Lieferkette:
  Durch Transparenz in der gesamten Lieferkette – einschließlich Lieferanten, Herstellern, Transportunternehmen, Lagern und Logistikdienstleistern (3PLs) – können Unternehmen ihre Lieferketten proaktiv verwalten, was Risiken senkt und Kosten reduziert.
• Präzisere Prognosen und Entscheidungen:
  Die Fähigkeit, Daten zu aggregieren, zu verknüpfen und durch vorausschauende Analysen zu erweitern, führt zu einer besseren, stärker automatisierten Entscheidungsfindung und Selbstkorrektur – und damit zu effizienteren Abläufen und weniger Verlusten.
• Mehr Agilität in der Lieferkette:
  Agile Lieferketten können sich in unvorhergesehenen Situationen neu ausrichten. Das führt zu einem besseren Kundenerlebnis, schnelleren Reaktionszeiten und einer insgesamt effizienteren Lieferkette.
• Bessere Zusammenarbeit in der Lieferkette:
  Durch ein Lieferkettensystem, das Partner, Lieferanten und Logistikdienstleister miteinander verbindet, wird die organisationsübergreifende Zusammenarbeit erleichtert. Diese Fähigkeit, Probleme direkt mit Partnern zu klären, führt zu einer schnelleren Problemlösung, niedrigeren Kosten, höherer Kundenzufriedenheit und einer stärkeren Bindung von Partnern und Talenten.
• Optimale Bestandshöhen:
  Supply-Chain-Kontrolltürme bieten einen Überblick über den Bestand im gesamten Netzwerk. Dadurch haben Unternehmen genau das, was sie brauchen bzw. wo und wann sie es brauchen. Sie steigern den Lagerumschlag und die Gewinne, und sie reduzieren Bestandslücken und Materialengpässe.

Sehen, entscheiden, handeln: Unterbrechungen der Lieferkette vermeiden

Mit Supply-Chain-Kontrolltürmen können Logistikverantwortliche in Echtzeit sehen, entscheiden und handeln.

Prozess eines Supply-Chain-Kontrollturms

1. Sehen: Ermitteln Sie Ursachen von Ausnahmen, verfolgen Sie Probleme bis zu ihrem Ursprung und überwinden Sie die Grenzen von Silos: ERP-Systeme, Lager- und Auftragsverwaltung und mehr.
2. Entscheiden: Verwenden Sie eine szenariobasierte Modellierung und Supply-Chain-Analysen, um reaktive und vorausschauende Benachrichtigungen zu erzeugen. Bewerten Sie die Auswirkungen von Ausnahmebedingungen und verstehen und priorisieren Sie auftretende Probleme.
3. Handeln: Entscheiden Sie besser und schneller auf Basis einer umfassenden Übersicht über die Daten in Kombination mit detaillierter Transparenz, wodurch die Lieferkette optimiert wird.

Wie funktionieren Supply-Chain-Kontrolltürme?

Alles, was in einem Supply-Chain-Kontrollturm geschieht, basiert auf Daten: die Eingabe handlungsrelevanter Daten, ihre präzise und effiziente Analyse, ihre Darstellung auf handlungsrelevante Weise und ihre Nutzung für eine fundierte, optimierte Entscheidungsfindung. Je besser und umfassender die Daten sind, die Ihr Supply-Chain-Kontrollturm verwendet, desto besser sind Ihre Ergebnisse.

Ein Supply-Chain-Kontrollturm ...

• ... sammelt und integriert automatisch strukturierte und unstrukturierte Daten aus der gesamten Logistikkette – von Barcodes, Fernsensoren und dem IoT bis hin zu Wetter- und Verkehrsdaten –, um Informationen und Einblicke in Echtzeit zu liefern.
• ... kombiniert diese Daten mit einer Logik, um aktuelle Informationen über benutzerfreundliche Dashboards bereitzustellen, die Einblicke in die wichtigsten operativen Funktionen wie Produktentwicklung, Auftragsverwaltung, Bestandsplanung, Fertigung usw. geben.
• ... nutzt detaillierte Einblicke, um die Agilität der Reaktionen auf taktische und betriebliche Störungen zu verbessern. Zudem kann er Ereignisse vorhersagen, die in naher Zukunft auftreten können – und zwar so schnell, dass Supply-Chain-Teams Probleme antizipieren und priorisieren können.
• ... unterstützt die automatisierte Entscheidungsfindung und Selbstkorrektur, zum Teil, weil er die Ursachen von Problemen ermitteln und Probleme bis zu ihrem Ursprung verfolgen kann. Und er lernt, prognostiziert, reagiert und verbessert sich kontinuierlich dank KI und maschinellem Lernen.
• ... erleichtert es den Beteiligten, Playbooks anzulegen, die definieren, wie bestimmte Probleme der Supply-Chain-Planung gelöst werden können. Diese Playbooks können mit Supply-Chain-Teams geteilt werden, wenn ein Problem erkannt wird, um deren Reaktion zu optimieren und zu standardisieren.